Wie die Digitalisierung das Lehren und Lernen verändert.
Wie sagte der Hundefreund Loriot einst? „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“ Münzen wir den Satz einmal um. Ein Leben ohne Smartphone ist möglich, aber … schwierig.
Dieses kleine technische Gerät in der Hand- und Hosentasche verbindet uns in Bruchteilen von Sekunden mit dem World Wide Web. Telefonieren ist noch seine geringste Leistung, Nachrichten versenden über Messenger-Dienste gewiss auch. Die hochauflösende Kamera, der Zugriff auf Mails, die Bankgeschäfte und das Zeitunglesen – all das funktioniert auf Knopfdruck.
„It‘s a mixed blessing”, sagt der Engländer an der Stelle, Fluch und Segen zugleich. Die digitale Technik mache uns alle zu Dummköpfen, die sich nichts mehr merken. Sie erzeuge Suchtverhalten wie harte Drogen, führe zu vereinsamten, sprachlosen, verhaltensauffälligen Menschen, besonders gefährdet seien junge Leute. Sie vernichte Arbeitsplätze und werde mittels KI (künstlicher Intelligenz) über kurz oder lang die Menschen vom Planeten ganz vertreiben.
Andererseits liegen viele Vorteile auf der Hand. Kontakte mit Menschen über Kontinente hinweg pflegen, soziale Teilhabe, auch wenn die körperliche Beweglichkeit eingeschränkt ist, Recherchen für Hobbys anstellen, Kunst, Fotografien, Musik mit beliebig vielen Menschen kostenlos teilen.
Kostenlos? Nein, wir bezahlen mit unseren persönlichen Daten für die Nutzung des Internets. Wir hinterlassen digitale Spuren im WWW. Wir geben online viel mehr preis, als wir im persönlichen Umgang je erzählen würden. Die Konsequenz? Das Internet mit seinen wirklich unendlichen Möglichkeiten meiden?
Eher nicht! Wohl aber, sehr sorgfältig und selbstbestimmt, kritisch und zugeknöpft mit unserer Identität zu verfahren. Vor allem außerdem die Ressourcen, die auf der Grundlage einer Kommunikation von many-to-many entstehen, für das eigene Lernen von Neuem und den Wissenszuwachs zu nutzen.
Die digitale Technik ermöglicht in der Erwachsenenbildung einen spielerischen Zugang zu neuen Inhalten. QR-Codes, Quizze, Apps & Co. kitzeln das Kind im Erwachsenen. Das wusste schon Friedrich Schiller: „(der Mensch) ist nur ganz da Mensch, wo er spielt.“ Im Spiel sind auch erwachsene Lerner authentisch; digitale Lernformen in erweiterten Lernwelten ermöglichen autonomes Lernen. Unabhängig von festen Zeiten, reservierten Klassenräumen und einer Lehrkraft, die den Stoff didaktisiert und methodisch aufbereitet, gestalten Menschen ihr Bildungsprogramm selbstständig. Auch das will gelernt sein!
Bei allem, was digital glänzend und verführerisch daherkommt, werden wir in der VHS Rhein-Sieg aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Das englische Wort „blend“ hat sich bei Kaffee und Tabak, aber auch beim Lernen als Mischung aus vielen guten Zutaten bewährt. Die Tafel hat nicht ausgedient, sondern lebt als Smartboard mit zahlreichen technischen Finessen weiter. Die Yogalehrerin zeigt im Kursraum, wie die Yogis den Morgengruß formvollendet ausführen. Auf der Matte zu Hause erfolgt das Üben und Vertiefen mit einem Lernvideo, von der Fachfrau empfohlen.
Vor allem aber beinhaltet digitales Lernen drei Aspekte. Erstens, jedem und jeder den souveränen Umgang mit der Technik nahezubringen. Zweitens, mit digitalen Elementen die individuellen Lernziele zu erreichen. Und drittens, über die Gefahren und Chancen, für den Einzelnen, die Gesellschaft und die globalen Auswirkungen gut informiert zu reflektieren. Emanzipatorische Bildung also im besten Sinne.